Kürbis - Leaf to root
Kolumne

Kürbis - Leaf to root

Von den Kernen bis zur Schale

Schälen oder nicht schälen? Beim Kürbis lohnt es sich, zu wissen, wie man erkennt, dass eine Schale essbar ist. Denn das kann von Sorte zu Sorte unterschiedlich sein und auch richtig gut schmecken.

Lange wusste ich nicht, dass es auch Kürbisse gibt, die man nicht schälen muss. Das hat wohl auch damit zu tun, dass hierzulande bis in die Neunzigerjahre vor allem die grossen, orangen Muskatkürbisse verkauft wurden. Und diese muss man tatsächlich schälen. Doch in den letzten Jahren gab es in der Schweiz fast so etwas wie eine Kürbis-Revolution und es kamen Jahr für Jahr mehr Sorten in den Handel.

Ein beliebter Kürbis etwa ist der Hokkaido, der in Japan aus dem amerikanischen Hubbard-Kürbis gezüchtet wurde und seit den 90er-Jahren bei uns auf den Feldern anzutreffen ist. Zum Glück. Denn: Hokkaido-Kürbis, oder auch Knirps genannt, kann prima mit Schale verzehrt werden. Wie viele andere auch.

Einige Experten haben Tricks auf Lager, wie sie erkennen, ob ein Kürbis geschält werden sollte

Dieter Weber etwa, der in Liestal auf seinem Hof «Obere Wanne» über 100 Kürbissorten anbaut, sagt: «Ist die Haut vom Kürbis ganz glatt und hart, wie lackiert, wenn man drüberfährt, so sollte man sie entfernen.» Und wie erkennt man, dass die Schale essbar ist? «Wenn man blind mit der Hand drüberfährt und die Haut porös ist, dann kann man sie meist mitessen», so der Experte. Und Meret Bissegger, Schweizer Wildkräuter- und Gemüse-Expertin, macht jeweils den Nageltest: Geht der Fingernagel leicht durch die Schale, kann man sie mitessen.

Ein wunderbares Beispiel dafür ist der der Delicata, ein mittelgrosser, weiss-grüner, länglicher Kürbis. Bauer Dieter Weber hat ihn mir neulich vorgestellt und mir auch gleich gesagt, wie man ihn zubereiten kann: aufschneiden, Kerne entfernen, mit Butter, Salz und Knoblauch füllen. Ab in den Ofen, rund 30 bis 40 Minuten bei 190 Grad. Ein geniales Rezept, das wenige Handgriffe und Zutaten braucht und unglaublich gut und rund schmeckt. Auch für Suppen kann man manchen Kürbis mit Schale kochen. Der orange Knirps etwa eignet sich, auch bei ihm muss man nur das Innere mit den Kernen entfernen – die Schälarbeit kann man sich sparen.

ABER HALT! WAS IST MIT DEN KERNEN?

Mit meinem Projekt «Leaf to Root» schaue ich ja immer, welche Teile von einer Pflanze essbar sind – und auch gut schmecken. Die Kürbiskerne, die wir üblicherweise im Laden kaufen, sind dunkelgrün und stammen vom steirischen Kürbis. Bei dieser Sorte fehlt die zähe Schale, die den Kürbiskern normalerweise einhüllt, und so kann man sie wunderbar wie Nüsse knabbern. Der steirische Kürbis ist allerdings eine Ausnahme, denn die Samen unserer handelsüblichen Speisekürbisse haben zähe Schalen. Man kann sie zwar gut mit etwas Öl und Salz im Ofen anrösten und mitsamt Schale als Knabbersnack geniessen – die Schalen sind einfach faserig, je nach Kürbis etwas mehr oder weniger. Aber schon in historischen Büchern habe ich Hinweise darauf gefunden, dass geröstete Kürbiskerne früher ein beliebter Snack waren für Kinder. Und: In südlichen Ländern lernen die Leute von klein auf, mit den Zähnen die Kürbiskerne zu knacken und die zähen Teile auszuspucken.

Sortenvielfalt beim Kürbis

Kürbis war bei der Sortenerhaltungsorganisation Pro Specie Rara lange nicht ein grosses Thema, da eine Vielfalt noch vorhanden ist. Allerdings gibt es gerade mal eine lokale Sorte in der Schweiz: der Potiron de Genève, alle anderen Sorten, die heute handelsüblich sind, stammen aus dem Ausland. Manche alten Sorten werden momentan von modernen Züchtungen verdrängt. «Heute sind vor allem kleinere Kürbisse gefragt für den Handel», erklärt Philipp Holzherr von Pro Specie Rara. So gibt es etwa eine Sorte namens «Olive», die «ein intensiv fruchtges Aroma hat», schwärmt Holzherr. «Aber die Kürbisse werden zu gross für den Detailhandel.» Trotzdem lohnt es sich, diesen Kürbis zu erhalten. Seine Eigenschaften können so beispielsweise dereinst in die Zucht neuer Sorten einfliessen.

Kürbissaatgut zu produzieren ist eine Kunst für sich. Denn: Werden die Blüten mit Pollen von anderen Sorten, beispielsweise mit denen von Zierkürbissen, bestäubt, so kann das Gemüse, das man im Folgejahr daraus zieht, giftig sein. Das macht auch die Sortenerhaltung zu einer aufwändigen Geschichte: «Wir müssen für Saatgut die Blüten abdecken, damit die Bienen keine fremden Pollen verteilen», sagt Philipp Holzherr von Pro Specie Rara. «Man spielt dann quasi selber Biene und bestäubt die Blüte von Hand.»

Trotzdem wächst der Samenpool von Pro Specie Rara. Und mit dem Delicata hat die Sortenerhaltungsorganisation nun auch einen Kürbis, der mittlerweile sogar im Supermarkt angeboten wird. Er ist handlich und sehr einfach zuzubereiten (siehe Kolumne).

Esther – Leaf to Root
Esther – Leaf to Root
Die Foodjournalistin liebt es, mit allen Gemüseteilen zu experimentieren.

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