Ivo Adam auf den Spuren einer baskischen Spezialität
Würze braucht es nicht nur in den Speisen, sondern auch im Leben. Und niemand weiss das besser als die Chilibauern des Baskenlands. Also reiste ich nach Frankreich, um den legendären Piment d’Espelette näher kennenzulernen.
«Im Moment haben wir vier Jahreszeiten an einem Tag!» Lachend begrüsst mich Martine Damois, eine der Productrices de Piment d’Espelette AOP. Wir stehen auf einem Feld bei Cambo-les-Bains, unweit von Espelette, umgeben vom Charme des Baskenlands – mit seinen charakteristischen weissen Häusern mit dem roten Fachwerk, das Schnattern von Gänsen und Truthähnen in den Ohren. Verführerisch rot leuchten die Chilischoten in den grünen Buschreihen. Im Moment scheint zwar die Sonne, aber am Horizont bildet sich schon drohend eine graue Wolkenwand – ungewöhnlich für den September, Zeit der Piment-Ernte.
Die Chilis stört das weniger. Als tropische Pflanze mögen sie die Abwechslung zwischen Sonne und Regen. Nur Frost oder dauernde Nässe setzen ihnen zu. Ich pflücke mir eines der roten Hörnchen und probiere. Martine warnt mich: Der Piment sei ein Gewürz, kein Gemüse. Aber es ist zu spät. Das ist allerdings nicht so schlimm. Anders als viele Chilis aus Übersee besitzt er keine brennende Schärfe, sondern kitzelt warm und fruchtig-pikant den Gaumen.
Eingeführt wurden die Chilis im Baskenland im 16. Jahrhundert durch Seefahrer, die die Samen der Pflanze wahrscheinlich aus Südamerika mitbrachten. Der «Biper Gorria», wie er ursprünglich genannt wurde, stiess bei der hiesigen Bevölkerung auf Begeisterung. Gewürze waren eine Seltenheit in jener Zeit. Schon bald leuchteten feuerrote Schoten in vielen Gärten rund um das Städtchen Espelette, vorerst vor allem für den Eigenbedarf. Der Handel mit dem Gewürz startete erst im 19. Jahrhundert, als die Bauern begannen, ihre Überproduktion an Chilis auf regionalen Märkten zu verkaufen. Echte «Pimentiers», also Bauern, die sich ausschliesslich der Piment-Produktion widmen, gibt es erst seit dem 20. Jahrhundert. Und erst im Jahr 1993 schlossen sich die Produzenten zu einem Verband zusammen, um ihre Kräfte zu bündeln.
Heute hat der Piment d’Espelette, benannt nach dem grössten der zehn Städtchen, in deren Umgebung er angebaut wird, das begehrte AOP-Label der Europäischen Union und wird in die ganze Welt exportiert. Einmal im Jahr, am letzten Oktoberwochenende, feiert Espelette die «Fête du Piment», an der die Strassen und Häuser geschmückt werden. Wie Menschen ihre Goldketten, tragen die Fassaden dann stolz leuchtend rote Girlanden aus an Schnüren aufgereihten Chilischoten.
Langsam schieben sich die Wolken vor die Sonne und Wind kommt auf. Es liegt Regen in der Luft. Schnell nimmt mich Martine Damois mit zu Monsieur Arnaud, einem befreundeten Pimentier. In dessen Gewächshaus sind die geernteten und gewaschenen Chilischoten auf grossen Holzrahmen zum Trocknen ausgebreitet. Nach mindestens 15 Tagen färben sie sich dunkelrot, und während dieser langen Reifezeit entwickeln sich ihre charakteristischen Aromen sowie die süsse Wärme, die sich dann im Mund entfaltet. Nun sind die Schoten bereit für die nächste Veredelungsstufe: In einem grossen Ofen werden sie bei ca. 50 Grad vollends getrocknet, bis sie so knusprig sind, dass sie in der Hand zerbröseln.
Ohne Stiel, aber inklusive Samen werden sie in einer grossen Mühle zu dem orangeroten Pulver verarbeitet, das dann in den Verkauf gelangt. Aus acht Kilogramm frischen Früchten wird so ein Kilogramm Pulver. Farb- und sonstige Zusatzstoffe braucht es nicht. Während es jetzt draussen wie aus Kübeln schüttet, schneidet Arnaud ein Paket des Pulvers auf und reicht es mir zum Probieren. Es riecht fruchtig-süss und sogar etwas malzig. Auf die Mitte der Zunge solle ich es legen, meint der Meister, dort würde es sein Aroma am besten entfalten. Ich befolge seinen Rat und schmecke sofort dieses unverkennbare Aroma. Jeden Donnerstag wird das Pulver von einer Gruppe Spezialisten auf Geschmack, Konsistenz und Farbe kontrolliert. Nur Pulver, welches den anspruchsvollen Sensoriktest besteht, darf sich mit dem Label AOP schmücken.
Anders als viele Chilis aus Übersee besitzt der Piment d’Espelette keine brennende Schärfe, sondern kitzelt warm und fruchtig-pikant den Gaumen.
Um die hohe Qualität ihres Produktes zu gewährleisten, müssen die Piment-Bauern eine Reihe von Regeln einhalten. Die Terminfenster für die Aussaat und die Ernte zum Beispiel sind klar definiert. Da die Pflanze nicht frostfest ist, muss sie jedes Jahr neu gesät werden. Die Bauern sammeln bei jeder Ernte die Samen ihrer schönsten Chilis für die nächste Saat. Die Pflanze ist sehr gut an das Klima des Baskenlands angepasst und muss deshalb auch kaum zusätzlich bewässert oder anderweitig behandelt werden. Geerntet wird ausschliesslich von Hand. Eine Erntemaschine würde den Unterschied zwischen reifen und unreifen Schoten nicht erkennen.
Das Degustieren hat mich hungrig gemacht. Unkompliziert und gastfreundlich lädt mich Martine zu sich nach Hause ein. Bei Maisbaguette, baskischem Schinken, Terrine, einem Glas regionalem Rotwein und natürlich dem allgegenwärtigen Würzpulver fühle ich mich wie der König des Piments. Begeistert erzählt Martine mir von ihrer Arbeit und ich spüre den Stolz, mit dem sie für ihr Produkt einsteht.
Das Pulver des Piment d’Espelette ist von oranger bis roter Farbe. Es besitzt einen eigentümlich süss-fruchtigen Geschmack, welcher sich aus den Aromen Peperoni, Tomate, Toastbrot und Heu zusammensetzt. Es passt zu fast allen Gerichten und wird darum im Baskenland wie schwarzer Pfeffer eingesetzt: zu Fleisch, Salaten oder einfach so auf einem Butterbrot.
Die Schärfe, die bei der Schote vor allem in der Membran und den Samen steckt, ist eher pikant als brennend. Wie ein willkommener Gast entfaltet sie sich warm im Mund und vergeht nach einer Weile auch wieder. Auch für mich ist es Zeit, mich zu verabschieden. Der Regen hat nachgelassen und ich mache mich auf nach Hause, im Gepäck die Erinnerung an freundliche Menschen und an ein Produkt, das die warme Seele des Baskenlands wie kaum ein anderes verkörpert: den Piment d’Espelette.
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Beste Zutaten sind für die Küche von Ivo Adam essenziell. Darum ist er auch Botschafter des Coop Labels Fine Food, welches für hochwertige Produkte für jeden Tag steht.
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