Von der Schale, süss-sauer, bis zur Wurzel
Bis Ende Juni kann man Rhabarber ernten. Wähe oder Kompott sind gängige Rezepte für die knackigen Stangen, die fast immer geschält werden. Bei den meisten hört der Rhabarber-Horizont dann schon auf. Viel zu schade, denn: die Schale bitte nicht wegwerfen – sie lässt sich wunderbar weiterverarbeiten.
Wir kennen Rhabarber vor allem süss. Für die übrig gebliebenen Schale haben vermutlich nur wenige Verwendung. Nicht so Mischa Käser, Küchenchef vom Restaurant Italia in Zürich. Als ich vor einiger Zeit bei ihm in der Küche stand, zeigte er mir seine getrockneten Rhabarberschalen. «Ich wollte sie nicht wegwerfen, also habe ich damit getüftelt», so der Profi.
Seine Zubereitung geht so: Nach dem Abfädeln der Schalen diese mit etwas Puderzucker bestreuen, mischen, im Ofen über Nacht bei 50 Grad trocknen. Man kann diese Schalen dann einfach so knabbern. Mischa Käser gibt sie als essbare Deko auf Gerichte, beispielsweise servierte er sie schon zu einem confierten Gitziherz, das er mit Rhabarbergelee und Rollgerstensalat anrichtete. «Sie passen natürlich auch wunderbar als Dessert-Deko», sagt er. Die Schalen bleiben beim Trocknen rot, sehen toll aus und sind angenehm süss-säuerlich.
Wer den Aufwand mit dem Trocknen nicht auf sich nehmen will, dem empfehle ich, die Schalen wenigstens für den Sud zu verwenden. Genau wie beim Spargel, wo die Schalen dem Fond auch einen intensiven Geschmack verleihen, lassen sich auch die Rhabarberschalen auskochen, beispielsweise mit karamellisiertem Zucker und Wein, so wie das Sebastian Rösch im Restaurant Mesa macht. So genoss ich neulich bei ihm ein Rhabarber-Schoko-Dessert mit Röllchen aus dünn gehobeltem Rhabarber, den der Küchenchef eine Woche in einem solchen Fond eingelegt hat. Wunderbar intensiv!
Nicht alles ist essbar: Vorsicht bei Rhabarberblättern
Wer nun Lust hat, sich dem Rhabarber auch mal anzunähern: Während die Schalen – und die Stängel sowieso – gut als Kochzutat einsetzbar sind, gilt bei den Blättern: Vorsicht! Einerseits haben sie einen sehr hohen Oxalsäurengehalt (er ist höher als bei den Stängeln). Und andererseits habe ich bei meinen intensiven Recherchen zum Thema «Leaf to Root» gelesen, dass man vermutet, dass die Blätter einen weiteren, noch nicht identifizierten Stoff enthalten, der schädlich sein könnte für uns Menschen.
Eine fast schon geniale Kochzutat hingegen sind die ungeöffneten Blüten des Rhabarbers. Die kugligen, oft faustgrossen Gewächse werden geerntet, wenn sie noch teilweise mit einem Häutchen bedeckt sind. Früher hat man sie ganz einfach mit Béchamel-Sauce gekocht, welche die Säure vom Rhabarber gut eingebunden hat. Ich habe sie aber auch schon im Teig ausgebacken, was wunderbar funktioniert, da die Säure einen schönen Kontrast zum deftigen Ausbackteig gibt.
Vielleicht habt ihr ja selber einen Garten – oder Nachbarn, die nicht wissen, welche Trouvaille sie im Beet stehen haben. Denn: Rhabarberblüten werden oft abgeschnitten und weggeworfen, da nur die wenigsten ihren kulinarischen Wert kennen.
Die Säure gibt einen schönen Kontrast zum deftigen Ausbackteig.
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