Wie kommt die Nuss in die Zucchetti?
Basilikum mit Tomate? Pfirsich mit Broccoli? Schmeckt vorzüglich. Doch warum? Und wie schafft man es, die Gemüseküche mithilfe von Kräutern, Gewürzen und Früchten zum kulinarischen Erlebnis zu machen? Eine kleine Einführung ins Food Pairing und Food Completing.
Inspiriert durch die asiatischen und auch die orientalischen Küchentraditionen, die bei uns zunehmend an Einfluss gewinnen, haben wir angefangen, Gemüse vermehrt mit verschiedenen Gewürzen, Kräutern oder auch mit Früchten zu kombinieren.
Es gibt dabei keine generell gültigen Regeln. «Stehen Sie einfach mal vor Ihrem Küchenschrank, schauen Sie die Gewürze an und beginnen Sie damit zu experimentieren», sagt Christine Brugger, Sensorik-Wissenschaftlerin, die für FOOBY spannende Pairings für vier Sommergemüse vorschlägt.
Gemäss Christine Brugger tendieren Europäer und Nordamerikaner generell eher dazu, harmonische Teller zu kreieren mit Pairings, die sich ähnlich sind und gut zueinan- der passen. Beispielsweise indem man Fenchel mit Pastis kocht, da beide ein Anisaroma haben. «Im asiatischen Raum ist das Completing eher verbreitet», so die Sensorik- Wissenschaftlerin. Der kulturelle Hintergrund dafür ist, dass wir in unseren Breitengraden historisch betrachtet vor allem Fett, Kohlenhydrate und Proteine zu uns genommen haben.
Im asiatischen und orientalischen Raum oder in heissen Ländern hingegen zählte auch der Aspekt der Hygiene – so haben etwa scharfe Gewürze eine antimikrobielle Wirkung. In Asien achtete man seit eh und je vor allem darauf, wie sich Lebensmittel positiv auf die Gesundheit auswirken, beispielsweise in der ayurvedischen Küche. «Darum isst man in Asien», so die Expertin, «tendenziell in breiteren Aromenspektren als bei uns.»
Scharf essen hat auch einen Einfluss darauf, wie wir Geschmack wahrnehmen. «Das Gehirn ist abgelenkt durch die Schärfe und nimmt etwa dominante Kohlaromen weniger wahr», erklärt Christine Brugger. Scharfe sowie kühlende Nahrungsmittel wie etwa Minze nehmen wir übrigens über den Trigeminusnerv wahr, während die Geschmacksrichtungen «süss», «sauer», «salzig», «bitter» und «umami» über die Geschmackspapillen im Gaumen und auf der Zunge in unsere Sinneswahrnehmung übertragen werden.
Es lohnt sich deshalb, vor dem Kochen herauszufinden, in welche Richtung sich ein Gemüse aromatisch in etwa bewegt. Bringt es Bitterkeit mit sich, so muss man bei der Säure gut dosieren. «Säure in geringen Konzentrationen verstärkt Bitterkeit», so Christine Brugger. «In mittleren Konzentrationen hingegen unterdrückt die Säure Bitterkeit.» Süsse, wie sie etwa in gekochtem Spargel vorkommt, verträgt immer etwas Säure.
Säure in geringen Konzentrationen verstärkt Bitterkeit
Als Anfängertipp gibt die Sensorik-Expertin Folgendes mit auf den Weg: Was im Garten zusammen wächst, passt oft auch in der Küche gut zusammen. Das kennt man auch vom Wein. Nach diesem Prinzip ist wohl eines der klassischsten sommerlichen Gemüse-Pairings überhaupt entstanden: der Tomaten-Basilikum-Salat. Mit etwas Experimentierfreude kann man seine eigenen Pairing-Lieblinge herausfinden. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.
Das Aroma von rohem Broccoli erinnert an Senfsaaten und Rettich, es ist grasig mit grünen Aromen, ähnlich jenen von grünem Paprika. Roh hat Broccoli eine leichte Schärfe. Allen Kohlgewächsen gemein sind die Schwefelaromen, die besonders beim Kochprozess intensiviert werden. Der Broccoli hingegen bekommt durchs Kochen einen zarten Kartoffelduft und ein leicht nussiges Aroma. Roh oder gekocht hat er eine leichte Bitterkeit, in gekochtem Zustand auch etwas Süsse. Die Kombination mit intensiven Aromen schafft ein Gegengewicht für die eventuell zu starken Schwefelaromen. Röstaromen etwa eignen sich besonders gut. Der Einsatz von süsslichen Gewürzen wie Estragon reduziert die wahrgenommene Bitterkeit.
Das Aroma von Tomaten ist von Sorte zu Sorte anders. Es reicht von grün-grasig und blumig über fruchtig bis hin zu würzig. Eine frühe Ernte begünstigt generell grün-grasige Aromen, eine eher spätere Ernte sorgt für fruchtige bis würzige Aromen. Die Tomate hat einen sehr hohen Anteil an Glutaminsäure, das heisst, sie ist quasi ein natürlicher Geschmacksverstärker und sorgt für viel «umami». Der Gehalt an Glutaminsäure steigt mit dem Reifegrad und der Kochdauer. Die grünen Aromen von Tomaten verflüchtigen sich beim Kochen. Die Tomate ist fast ein aromatischer Allrounder und kann sowohl mit feinen Gewürzen (z. B. Koriandersamen) als auch mit kräftigeren Aromen (z. B. Tonkabohne, alternativ dazu eine Mischung aus Vanille und Bittermandel) kombiniert werden.
Die Fenchelknolle ist mit ihrem intensiven Aroma sehr polarisierend. Roh schmeckt Fenchel intensiv nach Anis und Lakritze, leicht grün mit krautig-holzigen Aromen. In gekochtem Zustand verflüchtigen sich die Anis-Noten. Als Gemüse ist Fenchel deutlich süss und leicht kühlend (ähnlich wie die Minze). Gedünsteter Fenchel erinnert etwas an gekochtes Wurzelgemüse und wird leicht nussig und grün-krautig. Wer das Fenchelaroma etwas mildern möchte, gibt ein wenig Rahm, Butter oder Olivenöl dazu. Das intensive Fenchelaroma ist fettlöslich und kann so abgeschwächt werden.
Die rohen Zucchetti haben wenig Eigenaroma – in der Sensorik spricht man von leicht nussig, grün (mit Schale) und pilzartig (ohne Schale). Sie sind roh gegessen auch leicht bitter und etwas süss, in gekochtem Zustand überwiegen die nussigen, grün- krautigen und süsslichen Aromen. Das feine Aromaprofil der Zucchetti eignet sich für die Kombination mit kräftigeren, unterstützenden Aromen. Wem die Bitterkeit zu stark ist, der kann mit etwas Honig oder Zucker, mit Salz oder mit Säure (etwa Zitrone oder Essig) kombinieren. Das bindet die Bitterkeit ein.
PAIRING-REZEPT UND KOLUMNEn
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