Kevin Romes
GAULTMILLAU EMPFIEHLT

Kevin Romes

Perfektion ist die Benchmark

Lenzburg gilt nicht unbedingt als Food-City. Doch Kevin Romes, Küchenchef im «Skin’s», bringt Punkte und Sterne in die Stadt. Der Deutsche gibt sich mit nichts weniger als Perfektion zufrieden – und schafft den Spagat zwischen Lunch-Angebot und Fine Dining spielend leicht.

Kevin Romes und sein Team im «Skin’s» in Lenzburg haben sich nichts Geringeres als Perfektion auf die Fahne geschrieben. Bemerkbar ist diese Perfektion vor allem in den Details. Besteck und Gläser auf den Tischen sind genau abgemessen, die Kante der Serviette harmoniert mit der Besteckablage. Und in der Küche wird selbstverständlich mit der Pinzette angerichtet. Dass sich das Restaurant im selben Gebäude wie Skinmed, eine Klinik für plastische Chirurgie, befindet, ist nicht dem Zufall geschuldet. Das Restaurant gehört zur Klinik.

Ästhetik spielt auch im «Skin’s» eine tragende Rolle. Für den «Borschtsch» steht die «Skin’s»-Brigade gut und gerne eine Stunde am Pass und drapiert die Randen-Rondellen feinsäuberlich an der Nocke aus Pumpernickel, Räucheraal und Meerrettich. «Borschtsch ist ein traditionelles, osteuropäisches Gericht. Wir servieren die Randen aber nicht als Eintopf, sondern in einer modernen Version», erklärt Kevin Romes. Die tiefrote Nocke in Schuppenoptik beschreibt das Konzept des Restaurants ziemlich gut. 

Dass aus Kevin Romes einst ein Koch mit Hang zur Perfektion wird, war als Kind nicht absehbar. «Ich komme aus einer autoverrückten Familie», erzählt der Sohn eines Kfz-Mechanikers. Doch die toskanischen Hackbällchen der Mutter hat seine Liebe zum Essen geweckt. «Das war so die Benchmark bei uns zu Hause im Rheinland. Alle haben diese Hackbällchen geliebt», erinnert sich der 33-Jährige. Die Lehre absolviert Romes in einem Dorint-Hotel mit gutbürgerlicher Küche und vielen Banketten. «Für mich war schnell klar, dass ich mich auf à la Carte fokussieren möchte, weil man dort viel mehr ins Detail gehen kann als bei 800 Essen.» Nach der Lehre geht Romes auf Lehr- und Wanderjahre. «Ich habe schon immer mit der Sterneküche geliebäugelt. Aber wenn man keine Berührungspunkte hat, kann diese auch etwas abschreckend wirken», sagt Romes. Doch bei Johann Lafer auf der Stromburg springt der Funke über. «Von da an wollte ich nur noch von den Besten lernen und habe mir die Köche rausgesucht, die zu mir passen.»

Ich habe schon immer mit der Sterneküche geliebäugelt. Aber wenn man keine Berührungspunkte hat, kann diese auch etwas abschreckend wirken.

Kevin Romes

Auf dem Weg zur eigenen Küche

Romes arbeitet bei Christian Jürgens am Tegernsee, bei Dieter Koschina in der «Vila Joya» in Albufeira, bei Sebastian Zier und Moses Ceylan im «Einstein» in St. Gallen und bei Chris Rainer im «Schloss Elmau» in Krün. Von jedem Chef hat Romes etwas anderes mitgenommen. «Christian Jürgens hat die Perfektion vorgelebt, bei Chris Rainer habe ich gelernt mit Krustentieren umzugehen. Moses Ceylan hat ein unglaubliches Fachwissen und Sebastian Zier ist sehr stark in der Teamführung.»

Das Angebot für das Restaurant «Skin’s» kam von Dr. Felix Bertram – Dermatologe und Gründer der Skincare-Klinik – persönlich. «Zuerst sollte hier ein Mitarbeiterrestaurant entstehen. Davon war ich nicht ganz überzeugt, weil es nicht dem entsprach, was ich machen wollte.» Später geht bei Romes ein Kompromiss-Vorschlag ein. Mittags soll es Lunch geben für Mitarbeitende und Externe, abends kann sich der Chef austoben. «Wenn man mittags mal etwas Einfaches wie ein Gulasch kocht, bleibt man frisch im Kopf und verlernt die Basics nicht», sagt Romes. 

Abends schöpft das «Skin’s»-Team aus den Vollen. Die klassische französische Küche ist die Grundlage, doch die Einflüsse kommen aus der ganzen Welt. Den Loup de Mer übergiesst Romes mit heissem Fett, so dass sich die Schuppen des Fisches aufstellen und knusprig werden. Dazu gibt es violettes Currykraut und eine asiatische Bouillon. Der Hauptgang besteht aus einem zarten Rehrücken, eingehüllt in einen Mantel aus Champignons. Garniert ist das Gericht mit einer grillierten Khaki und einer BBQ-Aubergine. Für das Dessert ist Patissier Severin Beesten verantwortlich. Er präsentiert den Gästen ein Stück Waldboden: Steinpilzmousse, Fichtensorbet, Waldheidelbeeren und Moos.

Die Küche im ehemaligen Hero-Areal sorgte schon kurz nach der Eröffnung für Furore. Der Guide Michelin verleiht dem «Skin’s» auf Anhieb zwei Sterne – eine Seltenheit in der Schweiz. «Damit haben wir wirklich nicht gerechnet. Wir waren erst seit vier Monaten offen und wussten nicht, ob wir es zeitlich überhaupt in einen Guide schaffen. Aber wir haben natürlich gehofft, dass wir einen Stern kriegen», so der Deutsche. Am Ende waren es zwei. Auch im GaultMillau punktet das «Skin’s». Eingestiegen ist es mit 15 Punkten und steigert sich jedes Jahr kontinuierlich. «Jedes Jahr ein Punkt mehr ist auch sehr aussergewöhnlich», freut sich Romes über das Feedback der Tester. Aber: «Durch solche Auszeichnungen steigt auch die Erwartungshaltung extrem.» 

Um den Erwartungen gerecht zu werden, braucht es vor allem eins: Teamspirit. «Das Team steht bei mir an erster Stelle. Was wir hier schaffen, ist nur als Team zu schaffen. Meine Mitarbeiter kommen jeden Tag motiviert bis in die Haarspitze zur Arbeit. Wir ziehen alle am selben Strang und das erleichtert mir die Arbeit und dadurch kann ich kreativer sein.»

Text: Kathia Baltisberger, Fotos: Olivia Pulver, Datum: 09.01.2025

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