Ich gehe nie den einfachen Weg
Der «Rechberg» in Zürich ist ein Lokal mit einem aussergewöhnlichen Konzept. Hier werden nur Zutaten verwendet, die es 1837 in Zürich schon gab. Carlos Navarro ist Mitgründer des Lokals und verantwortlich für das kulinarische Konzept.
Carlos Navarro steht in der Küche des Restaurants Rechberg 1837 und schält Pastinaken. Konzentriert und routiniert. «Die einfachen Dinge wie Rüsten finde ich immer noch am schönsten. Da komme ich fast in einen meditativen Zustand», sagt Navarro. Gemeinsam mit den Brüdern Alexander und Raphael Guggenbühl hat Navarro den «Rechberg» in den letzten neun Jahren zu einer festen Grösse in Zürich gemacht. Und das mit einem Konzept, das auf den ersten Blick nicht viel Spielraum zulässt. Es kommen nur Produkte auf den Teller, die es 1837 in Zürich gab – dem Baujahr des historischen Hauses. Industriell verarbeitete Lebensmittel? Fehlanzeige.
Die Rechberg-Gründer haben dieses Konzept nicht aus Marketinggründen gewählt. Und auch nicht, weil es in den vergangenen Jahren einfach en vogue war, auf regionale Produkte zu setzen. Dahinter steckt eine intensive Auseinandersetzung mit Lebensmitteln und ein bewusstes Zurückgehen zu einer Zeit vor der industriellen Revolution, bevor Monokulturen und Prozessierung die Landwirtschaft dominierten. Das schliesst Produkte wie Kaffee, Schokolade und andere importierte Produkte aus. «Was andere als Einschränkung empfinden, setzen wir uns als Rahmen – und das Menü schreibt sich quasi von selbst.»
Das ist natürlich ein Understatement. Die Saison und das Angebot der Bauern mögen die Produkte vorgeben, damit sie aber zu schmackhaften Gerichten werden, braucht es Talent und Kreativität. Navarro macht aus getrockneten Erbsen ein Tartar mit eingelegten roten Tropea-Zwiebeln und Lardo. Im «Rechberg» werden ausschliesslich ganze Tiere verwertet. Zum Beispiel ein Schwein vom Gut Reinau – halb Duroc, halb Hausschwein. Der Lardo für das Gericht ist hausgemacht. «Man muss das Fleisch nur einsalzen und sehr lange liegen lassen», erklärt Navarro. Sinnbildlich für den «Rechberg» steht das Sauerteigbrot, das beim Menü als eigenständiger Gang serviert wird. Für das Brot verwendet Navarro Aszitaweizen, eine alte Pro-Specie-Rara-Sorte. Den Sauerteig, der auf den Namen Willi hört, gibt es schon so lange wie den «Rechberg». Dazu gibt es frische Butter sowie für jeden Gast einen Gutsch Buttermilch – die Säure öffnet den Gaumen für alles, was noch kommt. Belohnt wird das Engagement vom GaultMillau mit 15 Punkten.
Das Gespür für Gastronomie bekam Carlos Navarro in die Wiege gelegt. Sein Vater Tony Navarro führte im Niederdorf rund 30 Jahre lang den «Turm». «Ich fand immer sehr cool, was mein Vater macht. Aber kochen habe ich nicht von ihm gelernt. Er hat immer gesagt: ‹Ich bin Wirt, nicht Koch!›» Das Handwerk lernte Navarro in der «Wirtschaft zur Höhe» in Zollikon, wo auch Koch-Ikone Daniel Humm schon gearbeitet hat. Danach folgten Stationen im Dolder, im «Mesa» bei Marcus G. Lindner und beim Cateringunternehmen Franzoli. Die wichtigste Lektion, die er auf seinen Lern- und Wanderjahren bekommen hat, war die von seinem damaligen Chef Nils Mager im Dolder. «Er sagte mir: ‹In der Küche kannst du immer den einfachen Weg oder den strengen Weg wählen. Der strenge Weg bringt dich weiter und zahlt sich irgendwann aus.» Das trage ich heute noch in mir und sage häufig: Das machen wir nochmal und diesmal machen wir es richtig. Ich gehe eigentlich nie den einfachen Weg.»
Das Rechberg-Ensemble führt nicht nur das Lokal bei der Zentralbibliothek, sondern auch das «Kultur Lokal Rank» im Niederdorf, das «Courtside Belvoir» – ein öffentliches Tennis-Club-Restaurant in Wollishofen – sowie die zwei Läden «Weber Comestible» in Zollikerberg und Binz bei Maur. Damit alles reibungslos funktioniert, hat Navarro seit rund drei Jahren einen Küchenchef im Rechberg, der für das Daily Business zuständig ist. Andreas Bolliger hat schon im Dolder gearbeitet und war zuletzt bei Sven Wassmer in Bad Ragaz, wo auch eine naturverbundene Küche zelebriert wird. «Ich vermisse die Berge, aber man findet auch am Üetliberg Wildkräuter – man muss nur wissen wo», sagt Bolliger, der regelmässig nach Zutaten in der Natur sucht.
Mit Andi Bolliger an der Front hat Navarro mehr Zeit für konzeptuelle und strategische Dinge. Doch obwohl Navarros Job mittlerweile eher dem des Geschäftsführers ähnelt als dem des Kochs, liebt er das Handwerk nach wie vor – und schält dann eben die eingangs erwähnten Pastinaken. Die sind nämlich für ein Dessert aus Andis Feder gedacht. Aus dem Wurzelgemüse gibt es ein Glace, ein Püree, Würfel und Chips. Carlos Navarro drapiert alle Komponenten auf abgeflämmter Meringue und streut noch etwas Lupinenpulver drüber. «Ich koche trotz all meinen anderen Aufgaben noch jeden Tag. Wenn es mir schlecht geht, schalte ich das Telefon aus und koche alleine. Das ist Nahrung für meine Psyche.»
Ich koche trotz all meinen anderen Aufgaben noch jeden Tag. Wenn es mir schlecht geht, schalte ich das Telefon aus und koche alleine. Das ist Nahrung für meine Psyche.
Text: Kathia Baltisberger, Fotos: Olivia Pulver, Datum: 17.04.2025
Weitere Stories von GaultMillau
myFOOBY Login
Unter myFOOBY kannst du nicht nur deine gespeicherten Rezepte auf all deinen Geräten abrufen, sondern auch interessante Stories und helfende Kochanleitungen abspeichern und einfach darauf zurückgreifen.
Login mit Supercard IDNoch keine Supercard ID?
Die Supercard ID ist der einheitliche Login über sämtliche digitalen Services von Coop.
Jetzt Supercard ID erstellenKochbücher auswählen
Das Rezept gefällt dir?
Unter myFooby kannst du nicht nur deine gespeicherten Rezepte auf all deinen Geräten abrufen, sondern auch interessante Stories und helfende Kochanleitungen abspeichern und einfach darauf zurückgreifen.
Der Artikel gefällt dir?
Unter myFooby kannst du nicht nur deine gespeicherten Rezepte auf all deinen Geräten abrufen, sondern auch interessante Stories und helfende Kochanleitungen abspeichern und einfach darauf zurückgreifen.
Rezept ganz entfernen?
Möchtest du das Rezept unwiderruflich löschen und aus allen Kochbüchern entfernen?
Artikel ganz entfernen?
Möchtest du diesen Artikel wirklich aus all deinen Kochbüchern entfernen?
Erfolgreich gespeichert!
Speichern fehlgeschlagen!
Bitte einloggen!
Jetzt einfach und bequem mit Ihrer Supercard ID bei FOOBY einloggen und die Einkaufsliste auf allen Geräten speichern und noch weitere Vorteile nutzen.
Das Rezept wurde erfolgreich in deine Einkaufsliste unter myFOOBY gespeichert.
Das Speichern der Einkaufsliste ist leider fehlgeschlagen.
Das Rezept gefällt dir?
Unter myFOOBY kannst du nicht nur deine gespeicherten Rezepte auf all deinen Geräten abrufen, sondern auch interessante Stories und helfende Kochanleitungen abspeichern und einfach darauf zurückgreifen.
Kochbücher auswählen:
Der Artikel gefällt dir?
Unter myFooby kannst du nicht nur deine gespeicherten Rezepte auf all deinen Geräten abrufen, sondern auch interessante Stories und helfende Kochanleitungen abspeichern und einfach darauf zurückgreifen.
Artikel ganz entfernen?
Möchtest du diesen Artikel wirklich aus all deinen Kochbüchern entfernen?
Rezept entfernen?
Möchtest du dieses Rezept wirklich aus dem aktuellen Kochbuch entfernen?
Inhalt ganz entfernen?
Möchtest du diesen Inhalt wirklich aus all deinen Kochbüchern entfernen?
Erfolgreich gespeichert!
Das Rezept gefällt dir?
Melde dich mit deinem Supercard-ID-Login an, damit du mit all deinen Geräten auf ein Kochbuch mit deinen Likes zugreifen kannst.
Der Artikel gefällt dir?
Unter myFooby kannst du nicht nur deine gespeicherten Rezepte auf all deinen Geräten abrufen, sondern auch interessante Stories und helfende Kochanleitungen abspeichern und einfach darauf zurückgreifen.